Community-Events: DebConf und KDE Randa Meetings

Es ist lange her, dass ich auf einem Community-Event in der OpenSource-Szene war. Doch dieses Jahr boten sich zwei hervorragende Gelegenheiten: Die größere der beiden Veranstaltungen ist die DebConf 2015 in Heidelberg – wann wird wohl die nächste DebConf in Deutschland sein, wenn die Konferenz jedes Jahr in einem anderen Land ist? Zudem erhielt ich auch eine Einladung zu den KDE Randa Meetings in der Schweiz, die ich gerne annahm.

Von der DebConf, der größten Veranstaltung zu der Linux-Distribution Debian, die wir bei uns selbst und bei vielen Kunden auf vielen Maschinen einsetzen, bin ich mittlerweile zurück. Die ersten beiden Tage, Tage der offenen Tür, besuchte ich viele interessante Vorträge. So lernte ich am Samstag das Backup-Werkzeug Obnam von Lars Wirzenius ebenso kennen, wie die Herausforderungen, mit einer freien Skype-Alternative freie Kommunikation mit freier Software zu realisieren. Am Sonntag bekam ich von Bdale Garbee während des Vortrags zu Debian und HP einen Hinweis auf das DevOps-Werkzeug CloudSlang, das mir bislang noch nicht bekannt war. Zwei Vorträge zum Thema GnuPG im Allgemeinen, von GPG-Hauptentwickler Werner Koch, und in Debian weckten ebenfalls mein Interesse.

Foto Eröffnung der Debconf

Eröffnung der DebConf im größten Konferenzraum der Jugendherberge Heidelberg

Insgesamt waren es dann doch so viele Eindrücke und Informationen, dass ich die nächsten Tage etwas weniger Vortragsangebote nutzte und mich etwas mehr darauf konzentrierte Debian-Entwickler kennenzulernen, die ich bislang nur per Mail kannte. Dabei wurde mir mal wieder deutlich klar, wie leicht es ist, sich über Mail von jemanden ein Bild zu machen, das so ganz und gar nicht mehr  mit der Realität übereinstimmt. So genoss ich während der gesamten Konferenz eine überaus konstruktive und freundliche Atmosphäre, ganz anders als manchen ziemlich teils heftigen und erbitterten Diskussionen auf Debian-Mailinglisten. Ich lernte einige Mitglieder aus dem Debian Qt/KDE Team kennen und lernte am Beispiel eines Pakets, das ich angeleitet aktualisierte, kennen, wieviel Arbeit in der GCC 5- oder genauer G++-ABI-Transition bei Debian steckt. Dinge, von denen Anwender der als stabil veröffentlichen Debian-Version in der Regel nichts weiter mitbekommen, wurden so transparenter für mich. Zudem führte ich während des Tagesausfluges am Donnerstag ein sehr konstruktives Gespräch mit dem Owncloud-Maintainer und erfuhr, dass es bereits ein Debian-eigenes Paket für Owncloud 8.1.1 gibt, wenn auch noch nicht im offiziellen Archiv.

Selbst bei einem BoF zum Thema Systemd, den ich besuchte, verhielten sich alle Beteiligten friedlich und konstruktiv. Erstaunlich nach all den Diskussionen, die die Einführung von Systemd in Debian auslöste. Ich schilderte ein Szenario mit CentOS 7, bei dem Systemd wegen eines nicht mountbaren /boot-Dateisystemes, für das laufenden Linux-System in der Regel erstmal kein dringendes Problem, in den Notfall-Modus wechselte und nicht mal das Starten des SSH-Daemons über den offiziellen Weg erlaubte. Eine Situation, die für Systeme, die nur per Netzwerk erreichbar sind, denkbar ungünstig ist. Systemd sieht Dateisysteme ohne nofail-Option in der /etc/fstab auch in Debian als obligatorisch an, wie es in den Release Notes zu Jessie dokumentiert ist. Nach der Veranstaltung führte ich dazu jedoch eine interessante Diskussion, zumindest optional eine Art Rescue-Modus mit Netzwerk und SSH zur Verfügung zu stellen. Ein gutes Out of Band-Management würde dieser natürlich nicht ersetzen. Weitere BoFs unter anderem zum Thema Kernel im Debian und inwiefern für die InitramFS in Debian ein Wechsel zu Dracut Sinn macht, besuchte ich ebenfalls. Ebenso interessant fand ich, in einem Vortrag und einem persönlichen Gespräch mehr über den aktuellen Stand zum Thema Linux in München und die dortige Migration auf die Groupware Kolab und dem Kontact-Fat-Client aus dem KDEPIM-Projekt zu erfahren.

Foto Happy Birthday Debian!

Zum 22. Geburtstag von Debian darf natürlich auch eine Geburtstagsparty nicht fehlen

Alleine durch die vielen Vorträge und konstruktiven Diskussionsrunden und das Kennenlernen so mancher Debian-Entwickler lohnte sich der Besuch der Konferenz. Es entstand ein schönes Gemeinschaftsgefühl, das sich durch die ganze Konferenz hindurch zog. Auch das Rahmenprogramm mit verschiedenen Optionen für den Tagesausflug, der traditionellen Wein&Käse-Party mit vielseitigem veganen Angebot aus aller Welt, dem Conference Dinner auf dem Heiligenberg und die 1a-Organisation machten die Veranstaltung zu einem runden Erlebnis. Daher freue ich mich umso mehr, dass wir die Veranstaltung und damit den Open-Source-Gedanken als Bronze Level-Sponsor unterstützen konnten.

So dachte und denke ich auch nach dem Abschied gerne an die Veranstaltung zurück und freue mich bereits auf die KDE Randa Meetings in dem gemäß einiger Fotos malerisch gelegenen Randa in der Schweiz. Mit den ca. 50 Teilnehmern statt den mehr als 500 Teilnehmer und Besucher der wohl bislang größten DebConf und dem Sprint-Charakter wird diese Veranstaltung einen anderen Charakter haben. Dennoch werde ich einige Teilnehmer der DebConf dort gleich wieder sehen.

Ich werde während der Veranstaltung unter anderem beim Bug Triaging von KDEPIM mithelfen. KDEPIM ist die PIM-Suite des Plasma-Desktops, deren Mail-Programm KMail ich schon länger nutze, als ich bei teamix arbeite – mit legendär großen Mail-Konten, die auch bei teamix schon Gesprächsthema waren. Haupt-Fokus der Veranstaltung ist die Weiterentwicklung der gerade erst auf der KDE Academy in Spanien vorgestellten Plasma Mobile-Plattform für Smartphones. Der traditionelle Desktop, den die KDE-Gemeinschaft schon seit mehr als 15 Jahren bedient, wird sicherlich ebenso eine wichtige Rolle spielen. So treffen sich in den Gruppen Multimedia, PIM, Touch&Mobile, KDE Connect, QMLweb und digiKam Entwickler aus ganz unterschiedlichen Bereichen der KDE-Gemeinschaft. Zudem hoffe ich dort auch einige Owncloud-Entwickler anzutreffen.

Maskottchen der KDE Randa Meetings

Viele dieser Entwickler arbeiten in Ihrer Freizeit an Plasma und anderen KDE-Projekten und reisen aus unterschiedlichen Ländern an. Die Bereitstellung der Räumlichkeiten und der Infrastruktur kosten ebenfalls Geld. Deshalb bittet die KDE-Gemeinschaft noch bis zum Ende der Randa Meeting am 13. September in einem Sprints-Fundraiser um Spenden für diesen und weitere Sprints in der Zukunft, damit möglichst viele engagierte Entwickler daran teilnehmen können.

Martin Steigerwald

Martin Steigerwald beschäftigt sich seit Mitte der 90er Jahre mit Linux. Er ist langjähriger Autor von Artikeln für verschiedene Computer-Magazine wie die LinuxUser (linuxuser.de) und das Linux-Magazin (linux-magazin.de). Seit Herbst 2004 ist er als Trainer für Linux-Themen bei Proact Deutschland in Nürnberg tätig.

 
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